Basler Zeitung

08.08.2017

Randnotiz

Afrikas Exodus

Von Eugen Sorg

Anlässlich des G20-Gipfels in Hamburg wurde der französische Staatspräsident Emmanuel Macron von einem ivorischen Journalisten gefragt, ob es für Afrika nicht einen «Marshallplan» brauche. Macron wies die Idee klar zurück. «Der Westen hat (in Afrika) schon einige Marschallpläne ausgeführt. Wäre es so einfach, hätte man die Probleme längst gelöst.» Dann fuhr er fort: «Die afrikanische Herausforderung ist völlig verschieden, viel tiefer, heute geht es um Zivilisation.» Er verwies auf den islamischen Terrorismus, die korrupten oder gescheiterten Staaten, welche mit Drogen, Waffen, Menschen und gestohlenen Kulturgütern handelten. Und schliesslich sagte er: «In Ländern, wo Frauen noch sieben bis acht Kinder haben, kannst du Milliarden von Euro ausgeben, du wirst nie Stabilität erreichen.»

Unmittelbar danach schwappte eine Empörungswelle durch die sozialen Medien. Macrons Aussagen seien rassistisch, kolonialistisch, beleidigend, so der allgemeine Tenor, der reflexartig anhebt, wenn ein Weisser es wagt, sich über die Mitverantwortung der Afrikaner an der Misere zu äussern. Die meisten professionellen Medien hingegen schwiegen indigniert. Eben noch hatten sie den smarten Macron als Erlöserfigur gefeiert, der mit seinem Wahlsieg Europa vor den Horden der nationalpopulistischen Plebejer gerettet hatte. Nun widersprach dieser einem Kernglaubenssatz der linksliberalen Meinungseliten: Dass die Armen arm seien, weil wir so reich sind. Solch schrecklichen Ketzereien wollte man keine zusätzliche Plattform bieten. Dabei hatte man Macron danken müssen. Er hatte Realitäten benannt. Im subsaharischen Afrika findet eine Bevölkerungsexplosion statt, die von der wirtschaftlichen Entwicklung nicht aufgefangen werden kann. Millionen von ungebildeten, aber hungrigen jungen Männern sind bereit, aus ihren Slums und armseligen Dörfern in die märchenhaften Sozialstaaten des Nordens aufzubrechen.

Will Europa sich dagegen wappnen, müssen sich als Erstes die medialen und politischen Meinungsführer auf eine freie, schonungslose, aber sachliche Debatte zurückbesinnen. Jenseits einer allgegenwärtigen Rassismusdrohung oder eines larmoyanten Opferkultes, ohne moralische Überheblichkeit. Macron hat es vorgemacht.

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