Basler Zeitung

28.02.2017

Randnotiz

Ein dummer Teppich

Von Eugen Sorg

Schweden brüstet sich auf seiner offiziellen Webseite, die «erste feministische Regierung der Welt» zu stellen. Die gesamte Arbeit werde unter dem Blickwinkel der «Gender-Gleichheit» gestaltet. Also auch im Aussenministerium, dessen «feministische Politik» die «Gleichheit von Mann und Frau als fundamentales Ziel» anstrebe. Gleich drei Ministerinnen wachen darüber, dass das schwedische Aussenamt nicht vom Weg in die schöne, neue, gender­bereinigte Welt abkomme. Umso mehr verblüfften kürzlich die Bilder einer schwedischen Delegation, die den iranischen Präsidenten Rohani besuchte, auf den Social Media. Die Abgesandten der Stockholmer Regierung, acht Frauen unter der Führung von Ministerin Ann Linde, eine der drei Wächterinnen über die ideologische Korrektheit des Auswärtigen Amtes, defilierten vor einem zufrieden lächelnden Rohani. Der schiitische Staatschef, in dessen Land Homosexuelle an Kranen gehängt und Ehebrecherinnen gesteinigt werden, hatte Grund zur Fröhlichkeit. Nicht nur waren lu­­krative Handels­abkommen mit den schwedischen Staatsfeministinnen unterzeichnet worden, sondern diese hatten sich auch freiwillig jenem Kleiderdiktat unterworfen, das der Gottesstaat seinen weiblichen Untertanen mit Knüppeln aufzwingt. Das Gruppenfoto zeigt sie mit Kopfschleier, dem Sinnbild islamischer Frauenerniedrigung. Einige zudem mit Tschador, jenem Stoffsack, der die weiblichen Formen verbirgt. Die Vertreterinnen der «ersten feministischen Regierung der Welt» wirken wie die devoten Nebenfrauen eines Orientpatriarchen.

Mit etwas Wehmut erinnert man sich an die grosse Oriana Fallaci. In Iran war Ayatollah Khomeini 1979 nach einem Volksaufstand eben an die Macht gekommen, als die Journalistin ihn zu einem Interview traf. Unverblümt fragte sie ihn nach den Erschiessungen von Gegnern, nach seinen diktatorischen Anwandlungen, und als sie auf die Frauen­diskriminierung zu sprechen kam, zog sie ihren Tschador aus und sagte, sie werde «diesen mittelalterlichen, dummen Teppich» nicht mehr tragen. Trotz der Brüskierung setzte er das Interview fort. Die Frau hatte ihm Eindruck gemacht. Doch Mut und Kühnheit gedeihen schlecht in Zeiten politisch korrekter Leisetreterei, in einem müden Westen, der nicht mehr weiss, welche Werte er verteidigen will.

Nach oben scrollen