Basler Zeitung

30.10.2018

Randnotiz

Pädophiler Prophet?

Von Eugen Sorg

Neben dem Koran gehören die Hadithe, die überlieferten Aussagen des Propheten Mohammed, zu den sakralen Texten des Islam. Beide bilden die Grundlage für die unzähligen Fatwas oder Gesetze, die das Leben der Muslime vom Krieg bis zur richtigen Stellung beim Urinieren umfassend regeln. Unter den Hadithen wiederum gilt die Sammlung von al-Bukhari als die authentischste und angesehenste. Dort findet sich an mehreren Stellen eine identische Aussage über die Ehe Mohammeds mit Aischa, seiner dritten Frau: «Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, heiratete Aischa, als sie sechs Jahre alt war und konsumierte die Heirat, als das Mädchen neun war.»

1400 Jahre später kam eine Vortragsrednerin in Wien auf diese mutmassliche Vermählung in einem arabischen Wüstenzelt zurück und fragte: «Ein 56-Jähriger und eine 6-Jährige? Wie nennen wir das, wenn es nicht Pädophilie ist?» Die Rednerin wurde vom Wiener Landesgericht wegen Herabwürdigung religiöser Lehren zu einer Geldstrafe von 480 Euro und der Übernahme der Gerichtskosten verurteilt. Das Verdikt wurde vom Obersten Gerichtshof bestätigt. Darauf wandte sich die Gebüsste an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Die österreichischen Gerichte hätten rechtens gehandelt, sagten die Strassburger Menschenrechtler. Der Angriff auf den Propheten sei «beleidigend» gewesen und dazu geeignet, «Vorurteile zu schüren» und den «religiösen Frieden zu bedrohen.»

Das Urteil des EGMR ist erbärmlich. Nur weil sich Muslime in ihrem religiösen Empfinden verletzt fühlen könnten, sollen gewisse Aussagen über einen Mann, der gemäss ihren eigenen heiligen Schriften vor 1400 Jahren ein Kind ehelichte, verboten werden. Damit degradiert sich der EGMR zum stummen Gehilfen archaisch-islamischer Rechtsvorstellungen, die jede Kritik am Glauben und seinem Propheten bei Höchststrafe verbieten. Europas grosse Kultur verdankt sich der Freiheit der Ideen und Gedanken. Weltliche und religiöse Autoritäten dürfen kritisiert und verspottet werden. Wer sich daran stört, kann dies ebenfalls frei äussern. Aber nie dürfen Empfindlichkeiten den Massstab für eine rechtliche Einschränkung der Meinungsfreiheit bilden. Es wäre das Ende der freien Gesellschaft.

Nach oben scrollen