Basler Zeitung

29.05.2018

Randnotiz

Salahs Erfolg

Von Eugen Sorg

Ägyptens Stolz und liebster Sohn ist Mohamed «Mo» Salah, auch «Pharao» genannt, lächelndes Stürmerwunder beim FC Liverpool, Torschützenkönig und Spieler des Jahres der englischen Liga. Als er letzten Samstag im Champions-League-Final gegen Real Madrid vom Spanier Sergio Ramos unfair gefoult wurde und danach verletzt und weinend das Feld verliess, weinten Millionen Ägypter mit und wünschten «Hundesohn» Ramos einen möglichst qualvollen Tod.

Salahs Ballkünste regen immer wieder zu grundsätzlichen, philosophischen, über den Sport hinausgehenden Überlegungen an. Was, beispielsweise, ist die Ursache seines Erfolgs? Viele seiner Landsleute, darunter auch die religiösen Vorsteher der Al-Azhar-Universität, sehen sie in der makellos-muslimischen Lebensführung des aus einem armen Dorf im Nildelta stammenden gläubigen Goalgetters. Salah wirft sich nach jedem Tor zum Gebet auf den Rasen und bedankt sich so bei Gott. Er hat seine Tochter Mekka getauft, nach der heiligsten Stätte des Islam. Und seine Frau sieht man nie mit den glamourösen Spielerfrauen der Teamkollegen. Sie trägt Kopftuch und bleibt in den eigenen vier Wänden.

Der Kolumnist Khaled Montaser von Al-Watan wiederum hat dieser Auffassung vor Kurzem energisch widersprochen. Wäre Salah in Ägypten geblieben, hätte er trotz Talent und Fleiss kaum Erfolg gehabt. Im ägyptischen System verlasse «man sich auf Allah, auf Segnungen und Wunder und das Schlachten von Kälbern, man besucht die Gräber heiliger Männer, vermischt Religion mit Sport, pflegt eine rassistische Sprache und versucht die Wunden der Unterlegenheit mit religiösem Fanatismus zu überdecken». Salah werde zu Recht gefeiert, aber ein Teil des Verdienstes gehe auch «an die westliche, säkulare Gesellschaft, die eine dunkelhäutigen ägyptischen Muslim aufgenommen hat, ungeachtet seiner Religion, Hautfarbe oder Nationalität – eine Zivilgesellschaft, die Leute nach ihrem Einsatz, ihrem Talent und ihrer Hartnäckigkeit beurteilt und belohnt».

Der legendäre Liverpool-Trainer Bill Shankly meinte einmal: «Einige Leute halten Fussball für einen Kampf um Leben und Tod. Aber ich kann Ihnen versichern, dass es noch sehr viel ernster ist.» Er hatte natürlich recht.

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