Basler Zeitung

28.03.2017

Randnotiz

Falsche Propheten

Von Eugen Sorg

Letzten Samstag war Earth Hour. Um 20.30 Uhr Lokalzeit sollten weltweit alle Lichter für eine Stunde gelöscht werden. Zum elften Mal bereits. «Um den Politikern zu zeigen, dass sich die Menschen wegen des Klimawandels Sorgen machen», heisst es beim WWF, der die Aktion erfunden hat. Anders als von den Initianten erwartet, ist die «grösste Umweltschutzaktion der Welt» gerade bei Politikern beliebt. Sie erlaubt ihnen, risikofrei als verantwortungsvolle Amtsträger zu posieren. Die «Menschen» hingegen haben den Anlass kaum bemerkt. Wer zufällig am verdunkelten Eiffelturm oder am Kreml, an den im Finsteren liegenden Pyramiden von Gizeh oder am erloschenen Kölner Dom vorbeikam, dachte eher an einen ärgerlichen Stromunterbruch als an ein umweltpolitisches Protestsignal und strebte schleunigst helleren Orten zu. Und welcher normale Zeitgenosse in Basel oder gar in Kairo, der halbwegs bei Trost ist, würde am Samstagabend zu Hause freiwillig Licht, TV und Backofen ausknipsen, um damit ein «Zeichen für mehr Klimaschutz» zu setzen?

Seit Jahrzehnten warnen grüne Unheilspropheten und Klimaschamanen vor einem menschengemachten Hitzekollaps der Erde. Stellvertretend für jene kündigte Chefapokalyptiker Al Gore 2006 das Abschmelzen der Polarkappen innerhalb der nächsten Jahre an, einen Anstieg des Meeresspiegels um sechs Meter und hundert Millionen Erdenbürger auf der Flucht vor Wassermassen und entfesselten Tornados. Er bekam dafür den Friedensnobelpreis und sein Horrorszenario ist bis heute Lehrmaterial an vielen Schulen, obwohl keine der Voraussagen eintraf. Die Pinguine im antarktischen und die Eisbären im arktischen Eis gedeihen prächtig, aus Ozeanien ist kein einziger Klimaflüchtling aufgetaucht und im Winter schneit es weiterhin.

Die «Menschen» bemerken die Diskrepanz zwischen Verkündung und Realität, überlassen Earth Hour den Politikern und Aktivisten und widmen sich ihrem Alltag. Nur Weltenretter wie Gore foutieren sich um die Empirie. In einem Interview mit dem Filmmagazin Empireassoziierte er kürzlich abenteuerlich, der Klimawandel sei nicht nur «Hauptgrund» für den Bürgerkrieg in Syrien, sondern auch für den britischen Brexit. Der Mann ist unbelehrbar.

eugen.sorg@baz.ch

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