Basler Zeitung

10.02.2017

Eine Frage der Moral

Fass meine Pussy nicht an

Von Eugen Sorg

Der Auftakt zu den anhaltenden Anti-Trump-Protesten in den USA und Europa gab der Women’s March, der Marsch der Frauen nach Washington vor drei Wochen. Es war eine beeindruckende Demonstration. Hunderttausende waren am Tag nach Trumps Amtseinführung zusammengekommen, um gegen die «Frauenverachtung» und die Politik im Allgemeinen des seit gerade zwei Tagen regierenden neuen Präsidenten aufzustehen.

Die meisten Medien, in ihrer Mehrzahl leidenschaftliche Trump-Verächter, jubelten den Marschierern zu und vergassen dabei ihren journalistischen Auftrag. Statt nüchtern zu berichten, zu informieren und Hintergründe offenzulegen, ignorierten sie Vorgänge und Fakten, die ihr suggeriertes Bild eines spontanen Aufschreis tapferer Verteidigerinnen bedrohter Frauenrechte hätte stören können.

Der Frauenmarsch jedoch war beispielsweise mitnichten eine spontane Aktion, sondern ein seit Wochen generalstabsmässig vorbereitetes Manöver demokratischer Wahlverlierer, die immer noch davon träumen, ihre verheerende politische Schlappe ungeschehen machen zu können. Es mussten 2000 Busse organisiert werden, Sicherheitsdienste, vierundvierzig Rednerinnen aus Hollywood, den medialen und akademischen Chefetagen plus portable genderneutrale Toiletten entlang der Marschrouten. Eine logistische Grossaufgabe für Profis, unlösbar aber für Spontandemonstranten. Und es mussten 1,7 Millionen rosafarbene Pussy Hats gestrickt werden, Muschi-Mützen in der Form einer Vagina, Erkennungszeichen und Totem der exaltierten Frauenbewegten.

Eine der Hauptveranstalterinnen des Pussy-Hat-Marsches wiederum war Linda Sarsour. Die palästino-amerikanische Aktivistin begrüsste die Menge mit dem islamischen Gruss «Salam Aleikum», bevor sie in ihrer Rede mit überschnappender Stimme die Entrechtung der Muslime und anderer Minderheiten durch Amerikas weisse Eliten anprangerte. Sarsour ist in den letzten Jahren immer wieder durch radikalislamische Einstellungen und Verbindungen aufgefallen. Sie rief 2015 zur Solidarität mit dem in Israel gefangenen Palästinenser Muhammad Allan auf, einem Mitglied des terroristischen Islamischen Jihad, verantwortlich für die Rekrutierung von jugendlichen Selbstmordattentätern und Anhänger des genozidalen Islamischen Staates.

Dagegen verweigerte sie den Opfern des Charly-Hebdo-Massakers ihr Mitgefühl. Denn diese hätten mit ihren Cartoons den Islam, «meinen Glauben geschmäht». Auch verhöhnte sie jene, die das Autofahrverbot für Frauen in Saudi- Arabien kritisierten. «Zehn Wochen BEZAHLTER Mutterschaftsurlaub in Saudi-Arabien», twitterte sie, «Jawohl, BEZAHLT. Und du sorgst dich um autofahrende Frauen. Du beschämst uns.»

Besonders geschmacklos griff sie die Publizistin Ayaan Hirsi Ali an. Die aus Somalia stammende ehemalige holländische Parlamentarierin war Ko-Produzentin des Dok-Filmes «Honor Diaries» aus 2013, der die Unterwerfung und Dehumanisierung der Frau in den meisten islamischen Kulturen aufzeigte. Sarsour wollte den Film verbieten lassen und twitterte Richtung Hirsi Ali (und einer anderen islamkritischen Publizistin): «Ich wünschte, ich könnte deren Vaginas herausnehmen – sie verdienen es nicht, Frauen zu sein.»

Ein zynischer Witz

Die Vulgarität dieser Aussage wird zur unappetitlichen Bösartigkeit durch die Tatsache, dass Hirsi Ali als Kind selber dem barbarischen Brauch der weiblichen Genitalverstümmelung unterworfen worden war. Sie hat das Ritual in einem ihrer erfolgreichen Bücher beschrieben. Man muss davon ausgehen, dass dies Sarsour bekannt war.

Geschätzte 200 Millionen genitalverstümmelte Mädchen und Frauen leben heute auf unserer Erde. Jeden Tag kommen 8000 weitere dazu. Der Grossteil der Betroffenen kommt aus muslimischen Ländern. Das Standardwerk der islamischen Rechtlehre Umdat al-Salik erklärt das Herausschneiden der Klitoris ausdrücklich zur Pflicht. Die Behandlung der Frau im Einflussbereich des Korans ist ein andauernder Skandal.

Dass eine fanatische Kopftuchgläubige wie Linda Sarsour als eine der beklatschten Hauptrednerinnen an einer feministischen Massenveranstaltung, deren Symbol eine gestrickte rosarote Muschimütze ist, auftreten durfte, klingt wie ein zynischer Witz. Und dass die meisten Medien nichts von all dem berichteten, verweist auf ein bedenkliches Ausmass an intellektueller und moralischer Verwahrlosung.

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