Basler Zeitung

10.07.2015

Eine Frage der Moral

Schwarze Kriminalität

Von Eugen Sorg

In den letzten Monaten gerieten gleich zwei ­amerikanische Städte wegen sogenannter ­Rassenunruhen in die internationalen ­Schlagzeilen. In Ferguson und in Baltimore ­plünderten Afroamerikaner Geschäfte, setzten Autos in Brand und verwandelten ganze Quartiere in bürgerkriegsähnliche Zonen. In beiden Fällen war im Vorfeld ein junger Schwarzer durch ­polizeiliche Gewalt ums Leben gekommen. Für die afroamerikanische Community, aber auch für die linksliberalen Medien und ohnehin für die europäischen Kommentatoren stand das Urteil von vornherein fest: Michael Brown (18) und Freddie Gray (25) sind getötet worden, weil sie schwarz waren. Sie seien Opfer einer rassistischen Polizei, die mit Vorliebe Schwarze und Farbige kontrolliere, schikaniere und ohne Hemmungen von der Waffe Gebrauch mache, sobald sich eine Gelegenheit dazu ergibt. Die Polizei wiederum sei ein Abbild der amerikanischen Gesellschaft, die im Grunde immer noch zutiefst rassistisch ist, trotz schwarzem Präsidenten, schwarzem ­Justizminister, schwarzer nationaler ­Sicherheitsberaterin.

Niemand kennt hingegen Brian Moore, einen jungen weissen Cop, der diesen Mai in Queens, New York, die Personalien eines sich verdächtig verhaltenden Schwarzen überprüfen wollte, worauf dieser unvermittelt eine Pistole zog und Moore in den Kopf schoss. Der Mörder, ein gewisser Demetrius «Hellraiser» Blackwell, hatte schon als ­Zwanzigjähriger wegen Mordversuchs im ­Gefängnis gesessen. Brian Moore war der fünfte New Yorker Cop, der innerhalb von fünf Monaten getötet worden war. Auch davon konnte man nichts lesen. Ebenso wenig wie von der Jagd­messerattacke eines 23-jährigen Schwarzen auf die junge Polizistin April Pykes wenige Tage zuvor in Houston. Pykes war übrigens ebenfalls schwarz. Amerikanische Polizisten aller Hautfarben ­versuchen in zum Teil hochgefährlichen Milieus ihren Job so gut wie möglich zu machen. Und zuallermeist machen sie ihn sehr gut.

Die meisten Medien verbreiten hingegen den Eindruck, der grösste Feind der Schwarzen seien weisse rassistische Cops und Richter. Und was ­diesem Klischee nicht entspricht, kommt nicht in die News. Tatsächlich sind es aber Schwarze ­selber, welche die grösste Gefahr für Ihresgleichen darstellen. 94 Prozent aller schwarzen Mordopfer werden von Schwarzen getötet. Ein schwarzer Mann hat ein Chance von 1 zu 21, ermordet zu werden, ein weisser diejenige von 1 zu 131. Schwarze machen heute 13 Prozent der ­Bevölkerung aus, ihr Anteil an Gefängnisinsassen ist jedoch fast dreimal so hoch. Sie sind ­eingesperrt, nicht weil sie schwarz sind, sondern weil sie Verbrechen begangen haben. Mehr als die Hälfte der Morde geht auf ihr Konto. Ein Drittel aller Afroamerikaner ohne Schulabschluss ­zwischen 20 und 34 sitzt hinter Gittern, nur ein Viertel derselben Gruppe arbeitet.

Der rasante Anstieg der schwarzen ­Kriminalität begann in den Sechzigerjahren – interessanterweise als sich die Sichtweise auf schwarze Gesetzesbrecher zu ändern begann. Diese wurden zunehmend als Opfer der ­Gesellschaft und weniger als eigenverantwort­liche Täter gesehen und erhielten vor Gericht mehr Verteidigungsrechte. Passend dazu erreichte die schwarze Gewaltkriminalität ihren Höhepunkt nicht im kulturell hinterwäldlerischen Süden, sondern in den liberaleren Städten des Nordens, in Baltimore, Detroit, Chicago, ­Philadelphia, Washington, die überdies von schwarzen Bürgermeistern und schwarzen ­Polizeichefs regiert wurden.

Statt die Schuld für die schwarze urbane ­Kriminalität in hartnäckigen weissen Überlegenheitsallüren oder rassistischen Ordnungskräften zu suchen, sollte sich der Blick auf die afro­amerikanischen Community selbst richten. Die selbstzerstörerische Misere ihrer Unterschichten, die Gangster- und Gewaltverherrlichung einer alle Bereiche durchdringenden Hip-Hop-Kultur, all dies hat zu tun mit der Auflösung der schwarzen Familie. Drei Viertel aller schwarzen Kinder ­wachsen allein mit ihren Müttern auf. Die ­Erzeuger machen sich in der Mehrzahl nach der Geburt aus dem Staub. Sozialhilfe aber kann einen Vater nicht ersetzen. Langfristig fördert sie nur die moralische Verantwortungslosigkeit jener, deren Pflicht es wäre, ihre Kinder in eine ­erfolgreiche Zukunft zu begleiten.

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