29.Mai 1993

Das Magazin

Aufbruch

von Eugen Sorg

Die Ankunft. Einer in London gecharterten Maschine entstieg am Nachmittag des 30. Mai 1968 auf dem Flughafen
Zürich- Kloten einé Schar ungewöhnlicher Passagiere. Rund 40 junge Männer, auffallend bunt, mitSchlapphüten, wunderlichen Haartrachter, Klunkern und Tüchem, trollten sich die fahrbare Treppe hinunter. Sogleich wurden sie von skeptisch dreinschauenden Schweizer Zöllnern in Empfang genommen und in ein improvisiertes Zollhaus gelotst, einen Bus, der hier ans Ende der Landepiste gekarrt worden war, zwei Kilometer vom offiziellen Zoll- und Flughafengebäude entfernt. Die Paradiesvögel kicherten und witzelten. Sie hat-
ten gut lachen. Sie waren nach Zürich gekommen, um an zwei aufeinanderfolgenden Konzerten im Hallenstadion als Angehörige von damals gefeierten englischen Rockbands aufzuspielen. Auf internationalen Flughäfen gefilzt zu wer- den, war Tournee-Routine.
Neben der mobilen Zollstation parkte der Limousinen- konvoi der Welti-Furrer AG, in welchen die lustigen Musi- kanten verladen wurden, um sie durch einen Hinterausgang aus dem Flughafengebäude und über Umwege nach Zürich ins Hotel «Stoller» zu manövrie-
ren. Das Ordnungsdispositiv stellte für alle Fälle noch ein Kontingent Polizisten und einen Wasserwerfer bereit. 300 Beatfans waren auf
marschiert, um ihre Idole zu begrüssen, die sie aber nicht zu Gesicht bekamen. Der eigentliche Star der Konzerte, der amerikanische Gitarrist Jimi Hen- drix, war unbemerkt schon am Morgen aus New York eingeflogen und lag längst in seinem Bett im Hotelzimmer. Drei Wochen vor dem Konzert konnte Wachtmeister Guido Buchli, Stadtpolizei Zürich, der «Neuen Presse» die vielsa- gende Auskunft geben, man wisse noch nicht genau, wie viele Polizisten man aufbieten werde, «im Krieg sagt man ja auch nicht, wie gross das Heer ist, das ausrückt».

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