Die Weltwoche / Von Eugen Sorg

21.08.2008

Bauern der Herzen

Landwirte finden keine Frauen, weil sie ungehobelt und dumm sind. Ein dummes Vorurteil, das gründlich widerlegt wird durch die grossartige Kuppelshow «Bauer, ledig, sucht . . .» auf dem Schweizer Privatsender 3+.

Es ist nicht jedermanns Sache, bei der Suche nach der Frau oder dem Mann des Lebens vom Fernsehen gefilmt zu werden. Aber die meisten von uns schauen gerne zu, wenn andere genau dies tun. Vor allem wenn eine Sendung so gut gemacht ist wie die Doku-Soap «Bauer, ledig, sucht . . .», die jeden Montagabend auf dem Schweizer Privatsender 3+ ausgestrahlt wird.

Fast alles stimmte in den bisherigen Folgen. Die sieben Bauern sind von den Fernsehmachern mit sicherem Auge für Abwechslung und Spannung ausgewählt worden. Es sind unterschiedlichste Typen und Charaktere aus allen Gegenden der Schweiz, entsprechend vielfältig ist die Palette der interessierten Frauen. Man könnte denken, dass nur verzweifelte oder etwas dumme oder exhibitionistisch veranlagte Menschen bei Kuppelshows mitmachen. Das ist in «Bauer, ledig, sucht . . .» nicht der Fall.

Die meisten Teilnehmenden wirken normal, eher unauffällig, nicht unsympathisch, mit den üblichen Beziehungsunfällen und Blessuren aus der Vergangenheit. Während die Männer nie ihren pragmatischen Sinn verlieren – Bauer Hanueli, 47, Malix: «Eine, die nicht anpackt, kann man nicht brauchen» –, neigen die Frauen zu sentimentalen Urteilen – «Ich fühlte mich bei Fredy [Weinbauer, 41, Uesslingen] gleich extrem geborgen», Bea, 36, Büroangestellte, Thurgau. Aber alle haben sie den Glauben an das private Glück noch nicht aufgegeben.

Mit Mutter Rösli am Küchentisch

Man leidet mit den Abgewiesenen, lacht über unbeholfene Annäherungsversuche, verfolgt gerührt oder kopfschüttelnd die Formierung von Paaren, und man hat nicht das Gefühl, dass hier Leute von zynischen Medienprofis vorgeführt würden. Dies liegt auch an der munteren Moderatorin Andrea Jansen. Wenn sie mit den liebesbedürftigen Bauern oder den heiratswilligen Kandidatinnen spricht, ist sie einfühlsam und direkt, ohne therapeutische Tranigkeit oder versteckten Sarkasmus. Die Endzwanzigerin versetzt einen in angeregte Stimmung wie der Geruch von frischem Heu und wie die aufgehende Sonne. Strotzend vor Gesundheit und Sinnlichkeit, als würde sie jeden Morgen in einer Wanne voll Alpenmilch baden, wäre sie die Zierde jedes Bauernhofes.

Der 25-jährige Michi, Nachwuchsbauer und Hobby-Thaiboxer aus dem Zürcher Weinland, gilt als Schönster der Gruppe. Ein offenes Kindergesicht mit Wangengrübchen, einen muskulösen Oberkörper unter dem Trägerleibchen, hat er sich mit einem jungen Ferkel im Arm präsentiert. «Ich suche eine starke Frau», sagt er, «die auch mit meiner Mutter z gang kommt.» Dutzende von Bewerberinnen schreiben ihm lange Briefe. Mit Hilfe von Vater, Bruder und vor allem Mutter Rösli sucht er am Küchentisch die zwei aus, die ihm am meisten zusagen.

Er ist verlegen und lacht übermässig viel und weiss nicht wohin mit seinen schweren Händen, als er die zwei jungen Frauen an der Stubete zum ersten Mal trifft. Man begibt sich in einen Heustall, um sich besser kennenzulernen. Romina, 21, dunkelhaarig und hübsch, fasst seine strammen Waden an und meint anerkennend: «Nicht schlecht.» Karin, 21, blond und hübsch, meint, sie habe mehr Power als die andere und sei viel geeigneter für die Arbeit als Bäuerin. Beide Frauen wollen Michi, aber er darf nur eine für die Probewoche auf dem Hof einladen und kann sich nicht entscheiden. Er erwirkt von Moderatorin Andrea die Erlaubnis, beide mitnehmen zu dürfen.

Man sieht in einer nächsten Folge, wie ihm die Mutter hilft, die Betten für die Bewerberinnen zu machen. Er dekoriert die Bettdecken mit einem Stoffbären, mit Schokolade, Rosenblättern und einem T-Shirt mit dem Aufdruck «Säuli-Team». Mutter Rösli testet die jungen Frauen. Karin, eine Bauerntochter, passt ihr besser. Ob sie sich vorstellen könne, mit ihr Brot zu backen, fragt sie die energische Blondine. Später müssen die zwei zeigen, wie gut sie melken können, und am nächsten Tag teilt Karin überraschend mit, sie steige aus. «Du gefällst mir», sagt sie zu Michi, «aber bei mir stimmt es im Herzen nicht.» Er ist froh, dass ihm Karin den Entscheid abgenommen hat.

In den folgenden Tagen sieht man Romina, Detailhandelsverkäuferin, und Michi turtelnd beim Schwimmen, beim Spazieren, beim Traktorfahren. «Ich habe mich verliebt», sagt der kräftige Jungbauer mit seligem Lächeln, «warum, weiss ich nicht. Es ist Schicksal.» Romina verrät der Moderatorin, dass alles perfekt sei und sie eigentlich nichts an ihm ändern möchte. Ausser, dass er fast zu lieb sei. Und sie meint plötzlich zu Michi, dass sie sich nicht vorstellen könne, jeden Morgen um halb fünf aufzustehen. Ist sie bereits wieder auf dem Rückzug? Man realisiert, dass man gespannt ist auf die nächste Folge, in welcher sich Romina jedoch vor Michis gesamter Familie zu ihrer Liebe für Michi bekennt. Mutter Rösli würde Romina am liebsten gleich hierbehalten, und auch Vater Köbi könnte sie sich gut als Schwiegertochter vorstellen. «Sie fährt gut Traktor.»

Extrem auf der Alp

Gespannt ist man auch darauf, wie es mit dem Glarner Bergbauern Michael, 30, und der Spielgruppenleiterin Sandra, 27, Olten, weitergeht. Man würde es dem Mann gönnen, wenn es klappte, aber man ahnt, dass es nicht gut kommt. Wenn man ihn zum ersten Mal sieht, erschrickt man ein wenig. Seine Augen sind wie verklebt, als wäre er als Kind mit brühendem Wasser übergossen worden. Schnell schliesst man ihn aber ins Herz. Er ist lustig, spielt virtuos Handörgeli und rennt von halb vier Uhr morgens bis zum Abend unermüdlich die Fronalp rauf und runter und flickt Zäune, melkt Kühe, bessert Wasserleitungen aus.

Unter den wenigen Bewerberinnen hat er zwei ausgesucht, die nicht nur beide Sandra heissen, sondern auch gleich aussehen. Beide sind füllig und tragen dieselbe Brille. Michael überreicht jeder ein selbstgeschnitztes Edelweiss. Er erzählt, dass seine letzte Beziehung sieben Jahre zurückliege. Meistens habe er im Suff etwas angefangen. «Mer verschlipft mängisch, aber das ist eine kleine Sünde, die der Herrgott wohl verzeiht.» Die Mädchen lachen, und Sandra aus Olten sagt, ihre letzte Beziehung liege neun Jahre zurück, jetzt suche sie einen Mann fürs Leben. Michael entscheidet sich für Sandra aus Olten.

Schnaufend, ihr Rollköfferchen hinter sich herschleppend, kommt sie auf der Alp an. Mit jeder Folge geht es ihr schlechter. Sie hat keinen Natel-Empfang, sie friert, sie ist kaputt, sie kriegt einen Alpen-Koller. Am dritten Tag hat sie beim Besteigen eines Hanges den ersten Verzweiflungsanfall – «Scheissweg, Scheissalp, Scheissalles» –, am vierten beschimpft sie die Kühe, als sie diese vergeblich von der Tränke wegzulotsen versucht. «Du doofe Kuh, du doofes Viech, du dumme Kuh.»

In der fünften und bisher letzten Folge meint sie in einem ruhigen Moment, der Michael sei ein Netter und sie sei schon an einem Bauern interessiert. Aber so eine Alp sei zu extrem. Michael seinerseits hat Verständnis für die Klagen. «Das Leben auf der Alp ist hart. Man ist am Arsch der Welt.» Zwar gefalle ihm Sandra, aber er vermisse an ihr das «Urchige». Er wäre fast froh, wenn sie wieder ginge. «Im Sommer habe ich ohnehin keine Zeit für eine Frau. Nur im Winter.»

Andere Paare haben mehr Glück. Zum Beispiel der sanfte Weinbauer Fredy und die warmherzige Bea. Oder der Bündner Hanueli, kernig und wortkarg, mit seiner Hanneli, 36, zweifache Mutter, Hufschmiedgehilfin und Pferdenärrin aus dem Aargau. Sie: «Was würdest du sagen, wenn ich jetzt Hals über Kopf bei dir einziehen würde?» Er: «Wieso nicht?»

Ungewiss ist noch, was zwischen Dänu, 28, und Martina, 24, weiter passieren wird. Man wundert sich, was der schönen und sympathischen Krankenschwester aus Rickenbach am verklemmten, anämischen Milchbauern aus dem Emmental gefällt. Ungewiss ist auch das Schicksal von Marc, 27, und Alexandra, 25. Der Walliser Kampfkuhzüchter mit den Pausbacken einer Barockputte ist durch ein archaisches Frauenbild unangenehm aufgefallen. Das Publikum hofft, dass die Köchin aus Tuggen, der man frühere Liebesenttäuschungen ansieht, das unberechenbare und kontrollsüchtige Muttersöhnchen endlich durchschaut.

«Bauer sucht Frau» lief bereits auf dem österreichischen ATV und dem deutschen RTL mit sagenhaften Zuschauerquoten. Weil das Schweizer Fernsehen unerklärlicherweise auf eine Produktion verzichtete, griff 3+ zu. Von der ersten Folge an erreichte die Sendung bis zu zwanzig Prozent Einschaltquoten. Die nächste Staffel ist bereits in Vorbereitung.

Bauer, ledig, sucht . . .Nächste Folge: Sontag, 25. August, 20.15 Uhr auf 3+

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