Basler Zeitung

27.09.2016

Randnotiz

Der Burkini-Trick

Von Eugen Sorg

Vor zehn Tagen strahlte der australische TV-Sender Kanal 7 einen kleinen Beitrag aus. Er zeigt die 23-jährige australische Studentin und Muslima Zeinab Alshelh, die sich in Nizza an der französischen Riviera in einem blauen Burkini zusammen mit ihrer Mutter, ebenfalls in blauem Burkini, und ihrem Vater, in Badehose, friedlich und fröhlich unter einem Sonnenschirm niederlässt, um ­alsbald von aufgebrachten Badegästen wieder vertrieben zu werden. Die Aufnahmen zeigten, so der Kommentar, «wie feindlich die Einheimischen gegenüber Muslimen eingestellt sein können». Das Filmchen der «tapferen muslimischen Studentin» und ihrer Familie, die von wütenden Rassisten «bedroht», «vertrieben» und «verjagt» worden waren, ging um den Globus.

Zwei Tage später veröffentlichte die französische Zeitung Nice Matin einen Bericht, der den Vorfall in einem neuen Licht erscheinen liess. Eine Zeugin erzählte, der im Film gezeigte Mann, den man sagen hört: «Verlassen Sie den Ort», sei ihr Onkel, und er habe dies nicht zu den Burkini-­Frauen gesagt, sondern zu den Kameraleuten. Die filmten inmitten der Strandgäste. Andere Zeugen bestätigten, dass der Unmut nie den Burkini-Trägerinnen galt, sondern der Filmcrew. In Frankreich gelten strenge Gesetze hinsichtlich der Privatsphäre. Aufnahmen dürfen nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Gefilmten gemacht werden. Und laut weiteren Zeugen entspreche auch die im Video gezeigte angebliche Flucht der Familie nicht den realen Geschehnissen. Zeinab und ihre Eltern seien noch eine Weile unbehelligt den Strand herauf und herunter spaziert, gefilmt von der hinter Autos ­versteckten Kanal-7 -Crew.

Der Sender hatte die Burkini-Ladys um die Welt geflogen, um an einem fernen Strand in Nizza negative Reaktionen zu provozieren. Als diese ausblieben, fabrizierten sie ein Machwerk, das trotzdem beweisen sollte, Muslime seien die wahren Opfer. Ein unethisches, offensichtlich ­verlogenes und dazu pietätloses Experiment mit einem Uniformstück des politischen Islam. Nur zwei Monate zuvor hatte ganz in der Nähe ein radikaler Muslim einen traumatischen Massenmord verübt. Die Franzosen verdienen eine Entschuldigung. Sie wird nicht kommen. Die Burkini-Aktivisten müssten dafür über ihren ideologischen Schatten springen.

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