Basler Zeitung

11.10.2016

Randnotiz

Lob des Messers

Von Eugen Sorg

Die Terrormuslime des Islamischen Staates (IS) haben mit Rumiyah (klassisches Arabisch für Rom) ein neues Magazin herausgegeben. Die gepflegt-professionelle, in sieben Sprachen via Social Media verbreitete 38-seitige Publikation ist ein praktisches Handbuch für Einzelterroristen in aller Welt. Die aktuelle Ausgabe widmet sich den Segnungen des Messers im Jihad gegen die Ungläubigen. Die Stichwaffe sei einfach zu erwerben, leicht handzuhaben und gross in ihrer Schreckenswirkung. Als Objekte suche man sich am besten «kleine Menschengruppen» aus oder «Spaziergänger in ruhigen Quartieren» oder «Heimkehrer von Clubs» oder «von der Nachtschicht». Stiche sollen auf die «grossen Organe, die Arterien oder den Hals» abzielen, aber nicht auf den «Schädel, weil dabei die Klinge brechen kann». Auch vom unbedingten Versuch, «den Kopf völlig abtrennen zu wollen, wird abgeraten». Dies würde zu viel Zeit beanspruchen – es sei denn, die «Umstände und die technischen Fähigkeiten würden es erlauben».

Die Autoren räumen ein, dass viele Leute «zimperlich» reagierten beim Gedanken, «ein scharfes Objekt in das Fleisch eines anderen Körpers zu ­treiben». Diese spontane «Ablehnung von Schmerz und Tod» rühre von der «Modernisierung» her, dass Männer ihr Essen nicht mehr selber schlachten und den Feind im Krieg nicht mehr persönlich schlagen müssen. Allerdings könne dieses «Unbehagen», dieses «Drehen und Wenden» nie eine Entschuldigung dafür sein, sich «vom Jihad abzuwenden».

Muss man die gewaltseligen Phantasmagorien der Rumiyah -Publizisten ernst nehmen? Ja, man muss. Sie haben mächtige Verbündete. Nicht nur Psychopathen und mentale Irrläufer fühlen sich durch die Mordaufrufe ermutigt, ihren schrecklichen Gelüsten nachzugeben. Auch in vielen sogenannt Normalen schlummern die Versuchungen der Anarchie und der sadistischen Entgrenzung. Vor allem aber geniess­­en sie die Zustimmung von Millionen sunnitischer Muslime in der ganzen Welt. Der IS kann sich bei seiner Blutpolitik auf die heiligsten Texte des Islam berufen und das Wirken des Propheten und Kriegsherrn Mohammed selbst, «des perfekten Menschen». Solange im islamischen Kulturraum keine religiöse Ausnüchterung eintritt, wird uns der Albtraum aus dem Nahen Osten noch lange heimsuchen.

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