Die Weltwoche

25.03.2004

Hamas

Die Eiferer

Von Eugen Sorg ·

Der Radikal-Antisemitismus der Islamisten.

Wenige Tage nach dem Ausbruch der ersten palästinensischen Intifada gründete am 9. Dezember 1987 der «spirituelle Führer» der Muslimbruderschaft von Gaza, Scheich Ahmed Jassin, mit sechs anderen Islamisten die Harakat al-Muqawama al-Islamiya, die Islamische Widerstandsbewegung. Die Gruppe des am 22. März von einem israelischen Todeskommando eliminierten 67-jährigen blinden Rollstuhlgreises wurde bald bekannt unter dem Akronym Hamas, was im Arabischen auch Eifer oder Begeisterung bedeutet.

Bereits das erste Flugblatt der Hamas, das im Januar 1988 unter die Leute gebracht wurde, enthielt die Essenz ihres weltanschaulich-religiösen Programms. Es begann mit der Anrede «O Murabitun auf dem Boden des unbefleckten Palästina», die Palästinenser mit den ersten muslimischen Eroberern und Siedlern in entlegenen Regionen gleichstellend, und es benannte gleichzeitig den Erzfeind und Untermenschen – die Juden: «Brüder der Affen, Mörder der Propheten, Blutsauger und Kriegstreiber», die «das Land geplündert haben […] Nur der Islam kann die Juden brechen und ihren Traum zerstören.»

Paranoia und Errettungslehre

Die folgenden Schriften, Aufrufe, Manifeste unterstrichen den aggressiven Charakter des Gründeraufrufs und enthüllten die Umrisse einer aus Paranoia und Verschwörungsfantasien, aus Gewalt-, Blut- und Todessehnsucht gebrauten, krud-islamistischen Errettungslehre. Das im August 1988 veröffentlichte «Manifest», die eigentliche Magna Charta der Hamas, bestimmte die Juden als Ursache des Bösen in der Welt. Diese «häuften riesigen Wohlstand an», heisst es dort, der es ihnen erlaubte, «Kontrolle über die Weltmedien wie zum Beispiel Nachrichtenagenturen, Zeitungen, Verlagshäuser, TV-Sender und weitere Dinge dieser Art zu übernehmen. […] Sie standen hinter der Französischen Revolution und hinter den kommunistischen Revolutionen. […] Sie standen hinter dem 1. Weltkrieg, um so das islamische Kalifat auszulöschen. […] Sie standen auch hinter dem 2. Weltkrieg, wo sie riesige Gewinne mit Kriegsmaterial machten und das Fundament für die Bildung ihrer Nation schufen, indem sie die Vereinten Nationen und den Sicherheitsrat gründeten. […] mit dem Ziel, die Weltherrschaft an sich zu reissen» (Artikel 27).

«Die zionistische Invasion ist auf verschlagene Weise bösartig. […] Um sich einzumischen und Spionagetätigkeiten vornehmen zu können, ist sie in grossem Mass auf die Geheimorganisationen angewiesen, zum Beispiel die Freimaurer, die Rotary Clubs, Lions und andere […].» Mit Hilfe dieser Geheimorganisationen wollen die Juden «die Gesellschaften zerstören, Werte vernichten […] und den Islam auslöschen. Sie stehen hinter der Verbreitung von Drogen und Giften aller Art, die ihre Machtausübung erleichtern sollen» (Artikel 28).

Um dieses «schreckliche Komplott zu durchkreuzen […], das in den Protokollen der Weisen von Zion niedergelegt» worden sei, ruft die Hamas als «Speerspitze und Avantgarde» alle arabischen und islamischen Völker auf zum «Kampf gegen die Juden, die Händler des Krieges» (Artikel 32). «Die so genannten friedlichen Wege […] zur Lösung der Palästinafrage stehen im Widerspruch zu den Auf-fassungen» der Hamas. Es gebe «keine andere Lösung als den Dschihad. Die Initiativen, Vorschläge und internationalen Konferenzen sind reine Zeitverschwendung» (Artikel 13).

«Dein Platz ist im Himmel»

Viele Flugblätter der Hamas schlossen mit den Worten: «Allahu Akbar – die Stunde der Khaybar ist gekommen, Allahu Akbar – Tod den Eroberern.» Khaybar war eine reiche jüdische Gemeinde in der Nähe von Mekka, deren sämtliche Einwohner 628 n. Chr. von den Muslimen massakriert wurden, nachdem der Prophet sie des Verrats bezichtigt hatte. Die islamische Erlösung der Welt erfolgt nach Auffassung der Hamas über die Ausrottung der Juden. «Die letzte Stunde wird nicht anbrechen», heisst es im Manifest unter Berufung auf eine Überlieferung des Propheten Mohammed, «bevor die Muslime gegen die Juden kämpfen und die Muslime sie töten und bis die Juden sich hinter einem Stein oder einem Baum verstecken und der Stein oder der Baum sagt: Muslim, Diener Allahs, da ist ein Jude hinter mir; komm und töte ihn, nur der Baum Gharqad sagt es nicht, denn er ist der Baum des Juden» (Artikel 7).

Das Ende der verderbten Zeit versucht die Hamas mit Selbstmordattentaten herbeizu-zwingen. «Ihre Methodologie ist der Dschihad und der Tod um Allahs Willen ihr grösstes Verlangen» (Artikel 8). Letzteren Wunsch hat die israelische Todesschwadron dem weissbärtigen Terrorapostel mit der Fistelstimme erfüllt. «Dein Platz ist im Himmel, o Märtyrer», rief ihm sein politischer Altrivale Jassir Arafat, wahrscheinlich nicht ganz reinen Herzens, hinterher.

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