Basler Zeitung

12.04.2016

Randnotiz

Norwegischer Narr

Von Eugen Sorg

Vor einigen Jahren wurde der junge Norweger ­Karsten Nordal Hauken in seiner Wohnung von einem somalischen Asylbewerber brutal ­vergewaltigt. Der Täter wurde gefasst und wanderte für viereinhalb Jahre ins Gefängnis. Der heterosexuelle Hauken, ein Linksaktivist und bekennender «Feminist» und «Anti-Rassist», ­verfiel nach dem Vorfall in Depressionen und Selbstgeisselungen und er betäubte sich mit ­Alkohol und Drogen. «Mein Leben fiel ­auseinander», erzählt er in einer Dokumentation des staatlichen Senders NRK.

Als der Somali die Strafe abgesessen hatte, wurde er nach Somalia ausgeschafft. Ob dieser Nachricht sei er in «Tränen» ausgebrochen, berichtet Hauken, aus «Erleichterung und Freude darüber, dass dieser Mann für immer weg ist». Aber dann habe er auch ein «starkes Gefühl von Schuld und Verantwortung» empfunden. «Ich war der Grund, warum er Norwegen verlassen und in eine ungewisse, dunkle Zukunft nach Somalia zurückkehren musste.» Dabei fühle er keine Wut auf seinen Vergewaltiger, «er ist nicht verantwortlich für seine Taten». Aber wer denn sonst? «Er ist das Produkt einer ungerechten Welt, das Produkt einer Erziehung, die geprägt ist von Krieg und Entbehrung.»

Haukens Bemühen, seinen Schänder bis zur bizarren Selbstverleugnung in Schutz zu nehmen, könnte man als norwegische Variante des ­Stockholm-Syndroms bezeichnen. Aber es ist mehr als eine individuelle Torheit oder Patho­logie. Die Auffassung, dass Menschen aus der ­Dritten Welt prinzipiell Opfer sind, Opfer der ­reichen Länder, und umso weniger Verantwortung für ihre Aktionen tragen, je gewalttätiger und destruktiver diese ausfallen, gilt im so­­genannt progressiven intellektuellen Mainstream als Selbstverständlichkeit. Wer hingegen die Somali zum Beispiel als mündige Zeitgenossen ansieht und ihnen und ihren räuberischen Clans selbst die Hauptschuld am Ruin ihres Landes am Horn gibt, wird schnell als Rassist verunglimpft. Hauken, der weiterhin der «felsenfesten Überzeugung» ist, dass «Leute wie er (der Vergewaltiger) unsere Hilfe brauchen», mag ein unheilbarer Narr sein. Doch seine Illusionen und Selbsttäuschungen sind beängstigend weit verbreitet.

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